Eine Österreicherin, die in Slowenien lebt






Avtor: CARINA RUMPLER
Eine Österreicherin, die in Slowenien lebt? Klar – wieso nicht? Irgendjemand muss ja die ganzen Slowenen ersetzen, die es nach Österreich zieht, und ein bisschen Gleichgewicht schaffen. Und da ich jetzt schon hier bin, kann ich euch ja gleich einmal erzählen, wie das so ist mit mir und den Sprachen, speziell dem Slowenischen, und wie ich auf die Idee kam, in Slowenien Menschen beim Deutsch lernen zu helfen.
Carina

Irgendjemand muss ja die ganzen Slowenen ersetzen, die es nach Österreich zieht.

Ich konnte die Uhrzeit zuerst auf Italienisch sagen

Die erste Fremdsprache, mit der ich in Kontakt kam, war Italienisch. Schon im Alter von 6 Monaten hatte ich das Glück, meinen ersten Urlaub im Ausland verbringen zu dürfen. Fünf Wochen an der italienischen Adria, mit Wohnwagen, Zelt und einer Unmenge an Kinderspielzeug – und einer Mutter, die mit Freude ihre Italienischkenntnisse auspackte. Deshalb konnte ich die Uhrzeit zuerst auf Italienisch sagen; im Urlaub gab es Süßigkeiten nur, wenn wir Kinder in der Landessprache danach fragten und abends hieß es ganz natürlich: „Buona notte“ statt „Gute Nacht“. Wobei in meinem kindlichen Kopf das alles keinen großen Sinn machte. Eines Abends, im Alter von ca. 4 Jahren, fragte ich meine Mutter, wozu die in Italien so einen großen Aufwand betrieben und warum die dort italienisch miteinander sprächen und was da alles für einen Sinn haben sollte. Denn für mich war klar: „Wieso reden die nicht einfach Deutsch miteinander, die müssen im Kopf ja dann sowieso alles auf Deutsch übersetzen, damit sie es verstehen.“ 
Plaža

Die erste Fremdsprache, mit der ich in Kontakt kam, war Italienisch.

Ich war immer schon gerne im Ausland

Nachdem ich das Konzept der verschiedenen Sprachen verdaut hatte, begann ich mich zunehmend für andere Sprachen zu interessieren. Nach Italienisch kamen Englisch, Latein und Französisch in der Schule, und noch später einige andere Sprachen, die ich im Selbststudium ausprobierte: Bulgarisch, Russisch (kyrillische Buchstaben faszinierten mich einfach) und Japanisch. Und natürlich Slowenisch. Die Idee, mit Menschen aus anderen Ländern zu reden, zu lachen und auch zu trinken (dann geht das mit dem Reden nämlich leichter), gefiel mir einfach. Ich war immer schon gerne im Ausland und habe schon als Kind verkündet: Wenn ich groß bin, wohne ich einmal am Meer. Und da Österreich kein Meer hat, war klar, dass ich dort nicht bleiben konnte.
Morje

Ich habe schon als Kind verkündet: Wenn ich groß bin, wohne ich einmal am Meer.
Eigentlich war ja immer Italien das Land meiner Träume, in dem ich irgendwann einmal leben und arbeiten wollte. Dass ich ausgerechnet in Slowenien landen würde, war eher nicht geplant. Trotz meiner Faszination für die kyrillische Schrift konnte ich mich mit den slawischen Sprachen nicht recht anfreunden, und Slowenisch war da keine Ausnahme. Die erste Begegnung mit dem Slowenischen waren die Schilder auf der Autobahn auf dem Weg von – erraten – Italien zurück nach Österreich. Damals stellte sich mir die Frage: Wie können die aus so etwas schön Klingendem wie „Trieste“ so etwas Unaussprechliches wie „Trst“ machen?! Dass ich noch am selben Abend – zurück in Österreich – einen Slowenen kennen lernen und mich in weiterer Folge in ihn verlieben sollte, war wohl ein Wink des Schicksals.

Slowenen lieben sinnlosen Smalltalk

Da ich es nicht gewohnt war, in einem Land zu sein, wo ich überhaupt nichts verstehen konnte, war für mich schnell klar: ich lerne jetzt Slowenisch. Zuerst im Selbststudium, dann in unzähligen Kursen, in Österreich und in Slowenien. Das, was ich aber im täglichen Leben brauchen würde, das erzählten mir weder meine Lehrer, noch die Bücher. Ich lernte zwar den Unterschied zwischen Singular, Plural und Dual, lernte, dass es im Slowenischen eine eigene Form gibt für Dinge, von denen es mehr als 4 gibt (štiri mačke – pet mačk  Wer denkt sich so etwas aus?!), quälte mich mit den 6 Fällen und dem Unterschied zwischen moj und svoj – und trotzdem brachten mich schon die einfachen Alltagsituationen aus dem Konzept. Denn eines lernte ich schnell: Slowenen lieben sinnlosen Smalltalk. Egal ob in der Schlange vor dem WC, im Lift oder bei der Bushaltestelle – ständig wurde ich von völlig Fremden angesprochen, die irgendetwas zur derzeitigen Situation sagen wollten. Kann man in diesem Land nicht einmal in einer Bar ungestört aufs WC gehen, ohne sich gleich als Ausländer outen zu müssen? Und warum lernte ich in meinen Kursen komplizierte Grammatik und machte mir Gedanken über die Endungen von Wörtern, wenn ich dann nicht einmal auf einfachsten Smalltalk antworten konnte?
Slack

Zuerst musste ich Slowenisch lernen.

Sprechen, sprechen, sprechen

Als ich selbst begann, bei LanguageSitter® Anderen beim Lernen der deutschen Sprache zu helfen, war für mich von Beginn an klar: Ich will Sprache so vermitteln, wie sie benutzt wird – also mündlich. Keine komplizierten Regeln, keine endlosen Grammatikübungen sondern sprechen, sprechen, sprechen. Und deshalb bin ich bei einer Sache von Beginn an streng: Die Deutschstunde beginnt, wenn ich komme, und endet, wenn ich wieder gehe, und in der Zeit dazwischen wird nur Deutsch gesprochen. Denn für mich ist genau das am wichtigsten: Deutsch zu lernen bedeutet nicht nur, verschiedene Übungen in einem Buch zu machen und Texte zu lesen. Deutsch zu lernen bedeutet auch, hallo zu sagen, den nächsten Termin auszumachen und dem anderen ein schönes Wochenende zu wünschen – und all die kleinen Fragen und Bemerkungen, die man zwischendurch so machen möchte. 
Nogomet

Ich will Sprache so vermitteln, wie sie benutzt wird – also mündlich.
Bei dieser Regel bin ich natürlich meinen slowenischen Kollegen gegenüber klar im Vorteil – ich bin Österreicherin, da ist es leicht zu verstehen, dass man mit mir von der ersten Minute an Deutsch sprechen muss. Denn obwohl ich sehr stolz bin, dass ich mittlerweile nicht mehr sofort als Ausländerin identifiziert werde, sondern kurzen Smalltalk schaffe, ohne dass die Frage nach meiner Herkunft gestellt wird, wissen meine Kursteilnehmer das meist nicht. Im Normalfall kläre ich sie erst darüber auf, dass ich eigentlich ganz gut Slowenisch kann, wenn sie sich daran gewöhnt haben, mit mir nur Deutsch zu sprechen. Denn so können sie genau das üben, was mir in allen Sprachkursen gefehlt hat: Die natürliche Kommunikation über mehr oder weniger wichtige Themen. Denn gewisse Personen zu haben, mit denen man nur in einer Fremdsprache spricht, hilft enorm beim Lernen. Denn plötzlich werden die Übungen nicht mehr gespielt, wie so oft in der Schule oder in Sprachkursen. In dem Moment in dem ich zur Tür herein komme, wird die Situation für meine Kursteilnehmer real – hier ist eine Österreicherin und ich muss jetzt irgendetwas sagen. Das kann am Anfang sehr anstrengend sein, aber es macht sich bezahlt. Spätestens dann, wenn man dem ersten Deutschen, der nicht Slowenisch kann, gegenüber steht.
Razgled

Meine Kursteilnehmer wissen meist nicht, dass ich Slowenisch auch spreche.
Diese natürliche Art zu unterrichten, die von LanguageSitter® auch gewünscht wird, kommt mir als Muttersprachlerin natürlich sehr entgegen. Und obwohl ich zu Beginn doch etwas skeptisch war, ob das ganz ohne Buch und ohne „Gerüst“ an dem ich mich festhalten kann, funktionieren kann, kann ich nach einem Jahr sagen: Ja, es funktioniert, und es funktioniert sogar sehr gut. Und nebenbei kann ich etwas machen, was ich sonst im Alltag eher selten kann: einfach Deutsch sprechen. 

Carina Rumpler

CARINA RUMPLER

LANGUAGESITTERKA® ZA NEMŠČINO

languagesitter
LANGUAGESITTERKA ZA ITALJANŠČINO

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